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04.06.2024

Wo die deutschen Tüftler wohnen

Erfindergeist ist in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt: Die meisten Firmenpatente kommen aus Autostädten, bei freien Tüftlern hingegen liegt ein Landkreis aus dem Osten vorn. Wie schneidet Ihre Region ab?

Deutschland war immer ein Land der Erfinder, von Melitta Bentz (Kaffeefilter) über Werner von Siemens (Dynamo) bis Karlheinz Brandenburg (mp3-Format für Musikdateien). Heute sind technologische Durchbrüche, die so eng mit dem Namen einer konkreten Erfinderin oder eines Tüftlers verbunden sind, allerdings selten geworden. Das liegt daran, dass Innovationen heute kaum noch in Kellern, Werkstätten oder Garagen von technisch versierten Privatleuten erdacht werden – und immer häufiger von den Entwicklungsabteilungen großer Firmen.

Erfinden wird zur Sache der Konzerne. Der Anteil sogenannter freier Erfinder an den Patentanmeldungen geht in Deutschland immer weiter zurück (siehe Grafik). Die überwältigende Mehrheit neuer Patente wird heute von Unternehmen angemeldet, so geht es aus einer Auswertung hervor, die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für den SPIEGEL vorgenommen hat.

Auch geografisch ist der Erfindungsgeist in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt, jedenfalls gemessen in Patentanmeldungen. Gerechnet auf die Einwohnerzahl werden im Süden die mit Abstand meisten neuen Patente registriert, in Baden-Württemberg und in Bayern. Darin spiegelt sich auch die traditionelle Struktur der deutschen Wirtschaft wieder: Im Süden der Republik sitzen besonders viele Autokonzerne, entwicklungsstarke Zulieferer wie Bosch und zahlreiche Maschinenbauer. Ins Bild passt da auch, dass unter den Bundesländern auf Rang drei das Land Niedersachsen rangiert – mit dem VW-Stammwerk Wolfsburg.

Auf Landkreisebene zeigt sich ein ähnliches Bild: Spitzenreiter bei den Patentanmeldungen von Unternehmen ist hier Wolfsburg vor der Autometropole Stuttgart, dem Umland von Erlangen und dem Audi- Standort Ingolstadt. Ganz allgemein lässt sich sagen: Wo Deutschlands große Industrieriesen ihren Sitz haben, werden auch besonders viele Patente angemeldet, etwa in Ludwigshafen (Chemie) oder Jena (optische Industrie).

In den kommenden Jahren könnten sich hier allerdings die Gewichte verschieben. Im Autobau werden elektrische Antriebstechniken wichtiger, während die Domäne der deutschen Ingenieure lange Verbrennungsmotoren waren. Auch geht die Zahl der Menschen mit mathematischen und naturwissenschaftlichen Fachkenntnissen immer weiter zurück, das verkleinere das Reservoir potenzieller Erfinder, sagt IW-Ökonom Oliver Koppel. Hinzu komme zudem die Patentkrise in einem der traditionellen Paradesektoren der deutschen Wirtschaft, dem Maschinenbau.

Etwas anders sieht das Bild mit Blick auf die freien Erfinder auf, die Daniel Düsentriebe des Landes. Auf Ebene der Bundesländer liegt zwar auch hier der Süden bei den Patentanmeldungen weit vorn. Doch die Hochburg der privaten Tüftler im Süden und Südwesten sind nicht die Landeshauptstädte. Die meisten Patente melden Privatleute in mittleren und kleineren Städten an, in Sigmaringen zum Beispiel, Bad Tölz oder Mühldorf am Inn.

Bundesweit werden diese Regionen gleichwohl von einem anderen Landstrich in den Schatten gestellt: Nirgendwo in Deutschland werden mehr private Patente angemeldet als im Kyffhäuserkreis in Thüringen. Allerdings: Laut der IW-Patentdatenbank ist dieser Spitzenwert Folge eines einzigen, sehr emsigen Erfinders.

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